Freitag, 4. Juli 2014

Gespräche über Kunst

Ja ich studiere Kunst, zumindest steht das auf meiner Immatrikulationsbbescheinigung. Doch sind wir mal ganz ehrlich, im Semester belege ich höchstens ein bis zwei Seminare in der Kunst, der Rest ist für Germanistik und den Lehramtsbereich. Schade eigentlich, was könnte man nicht alles für spannende Kursen wählen.
Letztens war ich mit meinem Einführungsseminar in die Performance- und Medienkunst in der Osnabrücker Kunsthalle. Kann es etwas profaneres geben?! Das war der erste Gedanke, den ich gefasst habe. Ich muss gestehen, noch nie die Kunsthalle in Osnabrück vorher besucht zu haben. Genauso wenig habe ich das Felix Nussbaum Haus besucht ... 
Jedenfalls war ein Gespräch mit der neuen Leiterin der Kunsthalle, Julia Draganovic, vereinbart worden. Was performative Kunst sei und blablabla. Ich war sowieso in Osnabrück und da es im Rahmen des Seminar stattfand, bin ich dort hingegangen. 
Ich war erstaunt. Das Konzept der Ausstellung 24/7: die Kunsthalle hatte eine Woche lang rund um die Uhr ihre Pforten geöffnet und so Raum für Künstler, eigentlich jeden, der was ausstellen wollte, geschaffen. An sich ist dies eine große Herausforderung. Was ist, wenn die Kirche (die Kunsthalle war ursprünglich mal ein Kloster) und die dazugehörigen Räume demoliert werden? Wie sieht es mit Eigentum anderer aus, die dort ebenfalls ausstellen? Die Regeln waren, nichts zu zerstören und die Werke der anderen zu respektieren.



"... eine Truppe von Radfahrern stand vor der Tür. Sie wollten rein, konnten ihre Fahrräder aber nicht abstellen. Jedenfalls sind sie mit den Fahrrädern in die Kirche gekommen. Eine andere Künstlerin hat eine Fahrradperformance vollzogen ..."

Die Ausstellung beschränkte sich nicht nur auf ausstellen von Bildern und Skulpturen. Ein Klavier konnte frei bespielt werden, eine Sound-Bewegungsmaschine wurde auf und wieder abgebaut... kurz gesagt gab es zu viele Dinge, die man sehen konnte.




Damit komme ich zu dem eigentlichen Thema zurück, dem Gespräch. Erstaunlicherweise wurde dieses Gespräch ein Diskurs zum Thema Öffentlichkeit. Was ist Öffentlich, was Privat? In Zeiten des Socialsharings, wie es so schön anglisiert heute klingt, verschwimmt die Grenze zusehends. Und ich bin selbst mittendrin, teile jedes schnöde Bild von meinem Frühstück  bis zu einem neuen Ding, nur weil ich die Schönheit, den Moment, mit anderen teilen möchte. Gut, ein gewisser Narzissmus steckt sicherlich auch dahinter, man ist auch stolz auf seine Komposition und freut sich einen Keks wenn die Arbeit in irgendeiner Form wertgeschätzt wird. 
Ist die Öffentlichkeit also der Raum, der für jeden zugänglich ist? Oder bleibt mein Wohnzimmer immer noch privat, obwohl ich in  unzähligen Bildern meinen Couchtisch präsentiere? Die Frage geht noch weiter, wie kann der öffentliche Raum genutzt werden? Ist er frei von allen Konventionen, kann jeder machen was er will - wohl kaum, Gesetze schränken da noch immer die persönliche Freiheit ein, was ja auch gut ist. Ich will nicht, dass mein Fahrrad am Bahnhof komplett zerstört wird oder jemand einen Menschen vor meinen Augen absticht, das passiert, ist aber verboten. Die Öffentlichkeit ist demnach von jedem nutzbar, aber in einem Rahmen, der die Mitmenschen nicht stört oder verletzt. Somit lassen sich auch die Regeln für die Ausstellung ableiten.
Nach Frau Draganovics Ansicht gibt es noch eine weitere Ebene, die freier ist und unkontrollierbar. Die Kommunikation und Sprache, sie verbindet, trennt, fliegt frei im Raum wie eine Schwalbe am lauen Sommerabend. Und sie ist eines, nicht greifbar. Ich finde man sollte sich noch viel mehr Gedanken über diese Ebene machen, deshalb lasse ich mal den "freien" Raum für eure Ideen ...


Bleibt das Private. Demnach ist es - ja - ist es nichts. Wenn schon die die Sprache eine eigene Einheit bildet ... Die Gedanken sind privat und es ist fraglich wie lange noch. Wahrscheinlich sitzen in Kalifornien bei Google und Facebook schon intelligente Menschen und schrauben an dem perfekten Gedankenleser. Bis das auf den Markt kommt, sollten wir unsere Gedanken genießen, Freiräume für uns schaffen, einen Kaffee trinken und das Badezimmer einfach mal dreckig lassen.